aus der Reihe: Ende / Anfang - Perspektiven auf 1945
"Stunde Null" – 1945 war auch eine Zäsur der politischen Narrative. Die Geschichte der Demokratie musste nun als Bruch erzählt werden – aber zugleich auch als Kontinuität. Denn demokratische Traditionen wurden fortgeführt. Zwar stellten Vernichtungskrieg und nationalsozialistische Gewaltherrschaft für manche Denker grundsätzlich eine Möglichkeit der Moderne dar. Doch wer diese Perspektive nicht teilte, brauchte eine nationale Sondererzählung, um die deutsche Katastrophe vom Neuanfang abzutrennen. Was zuvor an Demokratie in Deutschland gewesen war, erschien in dieser Lesart irrelevant oder mit Defekten behaftet. Dies führte zu einer Domestizierung der Demokratie. Über Deutschland hinaus war im Kalten Krieg diese Tendenz sichtbar: Demokratie sollte beherrschbar und berechenbar werden. Im Zeitalter der Demokratie wurde "zuviel" Demokratie als Gefahr erkannt, die "totalitäre Demokratie" entdeckt, ein Ideal maßvoller, menschenwürdiger und marktgerechter Demokratie verfochten. Aber die Demokratie ist den Problemlagen nicht entkommen. Das Drama der Demokratie wird weiter geprobt.
Dr. Tim B. Müller, Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung
Im Gespräch mit Dr. Claudia Kemper, Historikerin am Hamburger Institut für Sozialforschung
Ort: Hamburger Institut für Sozialforschung, Mittelweg 36, 20148 Hamburg
Beginn: 20 Uhr
Eintritt: frei
Beginn der Veranstaltung: 20 Uhr (Einlass ab 19.30 Uhr)
Quelle:
www.his-online.de