New Orleans ist schon immer eine Stadt voller Extreme. Spätestens seit der Zerstörung durch Hurrikan Katrina 2005 leben die Menschen dort in einem Zustand der steten Bedrohung. Zusätzlich zur Sturmsaison während der Sommermonate lässt der steigende Meeresspiegel unweit von New Orleans täglich ganze Landstriche für immer im Golf von Mexiko versinken.
Ein während der Bauarbeiten einstürzendes Hotel im Herzen der Innenstadt, sehr hohe Mordraten oder unzählige Videos auf Social Media von Straßenschäden und Unfällen sind nur einige Beispiele einer maroden und auf viele Weisen defekten Umgebung.
Vielleicht finden deshalb dort diejenigen ein Zuhause, die nicht dem heteronormativen Gesellschaftsbild Amerikas entsprechen. Queere Reisende auf der Suche nach einem Leben frei von Konventionen. Durch Katrina sind Lücken entstanden, die unkompliziert Unterschlupf boten. Beflügelt durch den toleranten und herzenswarmen Grundtenor der heimischen Stadtbevölkerung, konnte sich eine Gruppe einzigartiger junger Menschen entfalten. Eine aufsässige und widerspenstige Subkultur, die die Kunst und die Ekstase liebt. Doch die Stadt ist wie der Sumpf, der sie umgibt: einmal drin, ist es auch für sie schwer, sich wieder von ihr zu lösen. Aus den Reisenden sind Zugezogene geworden. Sie haben hier ihre selbstgewählte Gemeinschaft gefunden, zumindest für diesen Moment.
Das Projekt zeigt das Klirren und Flimmern dieser magischen Welt auf dem stetigen Kipppunkt. Es sucht die Nähe der eigensinnigen Protagonist*innen und interessiert sich für das Politische und die Resilienz in ihrem Alltag. Ein Alltag im ständigen Wechsel der Extreme.
Victoria Jung ist Dokumentarfotografin. Seit 2019 arbeitet sie u.a. für Magazine und Zeitungen wie den Spiegel, die ZEIT und das ZEIT Magazin sowie für den Stern.
Ihre künstlerischen Projekte setzen sich mit sozialen Merkmalen in Subkulturen auseinander, wobei der Fokus auf der Interaktion der Gruppen mit ihrer lokalen Umgebung liegt. Das Interesse von Victoria Jung gilt der menschlichen Suche nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft als entscheidendem Bestandteil des Lebens. Sie schätzt das kollaborative Arbeiten und erweitert gerne ihre Basis aus dokumentarischen Fotografien um andere Formen künstlerischen Ausdrucks.
So entstand zuletzt ein flexibles Baukastensystem aus verschiedenen installativen Elementen für Ausstellungen des Projekts »Fever Dream«, welches nun in der FREELENS Galerie in neuer Zusammensetzung ausgestellt wird.
Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag von 11:00 bis 18:00 Uhr; Freitag von 11:00 bis 16:00 Uhr
Text von Finn Jahnke
Quelle:
freelens.comDie FREELENS Galerie in Hamburg ist gleichzeitig Schaufenster des größten Berufsverbandes für Fotograf*innen und Fotojournalist*innen in Deutschland und stößt mit Ausstellungen zu politisch und sozial relevanten fotografischen Positionen immer wieder auch gesellschaftliche Diskurse an.